Unsere Kolumne von Luzius von Salis

Der Ausbau der Mobile 5G-Netze ist in vollem Gange. Die Anbieter quälen sich mit Behörden und Gerichten für die Erstellung neuer Antennenstandorte. Die Bevölkerung rebelliert wegen möglichen Strahlenbelastungen die gegenwärtig nicht abschliessend beurteilt werden kann. Vielleicht verpasst sie deswe­gen sogar etwas den Anschluss an nachhaltigen Innovationen und neuen Angeboten. Das sind heute aber Spekulationen.

Blicken wir etwas zurück und reflektieren, was uns die damalig neuen Mobile-Standards gebracht haben. Mit 1G konnte man mobil telefonieren – ein Novum. 2G löste im Privatkundenbereich das alte Ascom-Wählscheiben-Telefon ab. Internet, wurde auf dem Handy bereits schmalbandig verfügbar; ebenso SMS. Mit 3G und in Kombination mit der Einführung von Smartphones wurden die SMS de facto abgeschafft. Damalige Euphorie-Meldungen der Mobile-Anbieter wegen Rekorden an Sylvester von übertragenen SMS und MMS verstummten. Heute texten und chatten wir über jene Apps eins zu eins, in Gruppen mit und ohne Bilder oder Videos und telefonieren darüber in hervorragender Sprachqualität. Eine Selbstverständlichkeit, zum Leidwesen der traditionellen Provider. Ihre SMS-Umsätze verschwanden und Eigenentwicklungen von einzelnen Service Providern versagten am Markt und wurden zurückgezogen. Mit der Einführung der 4. Generation und LTE verbreitet sich die Breitband-Technologie im Mobile-Space. Router mit SIM-Karten-Einschüben sind breit verfügbar und werden als wesentlich günstigeren Internet-Access genutzt. Immerhin stehen nutzbare Bandbreiten von durchschnittlich 40Mbit/s Down- und einigen Mbit/s Upstream zur Verfügung. Somit stehen mindestens gute Bandbreiten in akzeptabler Qualität für Private und kleine Unternehmen zur Verfügung, als es Swisscom heute mit ihren veralteten DSL-Kupferanschlüssen in jenen Gegenden überhaupt anbieten kann. Damit lassen sich UltraHD-Videostreams ansehnlich und ruckelfrei nutzen und arbeiten geht sowieso problemlos. Ab heute wird aber mit 5G eine Technologie zur Verfügung gestellt und eingeführt, die innerhalb von ein paar Jahren eine hundertfachte Bandbreite verfügbar machen wird. Die Degradierung der Telecom-Anbieter zum IP-Transport-Infrastrukturanbieter scheint Realität zu werden. Der 5G Standard wird als eine Disruption für den festen Internet-Anschluss für Privat- und KMU-Nutzer mit sich bringen. Es ist damit zu rechnen, dass die heutigen Flat-Fee-Bundles der Fest-Mobilnetz-Anbieter nicht überleben werden. Der mobile Hotspot ab Handy oder Mobile-Router wird für die meisten genügend performant sein, und mit OTT-Services, Apps und Browser-Anwendungen (WebRTC) versorgt, die nicht mehr von diesen traditionellen Telecom-Transport-Anbietern stammen. Dies nebst allen neuen Angeboten wie einer Steuerungs-Infrastruktur für selbstfahrende Autos, etc. Ich gehe davon aus, dass ganze Branchen, die immer noch in Traditionen verharren, umgepflügt werden. Daneben werden sich die Anbieter in der Telecom-Branche auch gewinnbringende Nischen suchen müssen, um überhaupt im sehr kapitalintensiven Infrastruktur-Business überleben zu können. Willkommen im 21. Jahrhundert in der 4. industriellen Revolution.

Luzi von Salis ist Geschäftsführer der von salis engineering GmbH und agiert als Interim-Manager, Konsulent sowie als «Business Troubleshooter» im ICT-Sektor. In seiner Kolumne kommentiert und beleuchtet er aktuelle Themen aus dem ICT-Bereich. luzi.vonsalis@vseng.ch